Salve Regina

Salve Regina

Musikbeispiel

Die “Salve Regina”-Komposition für Bratsche oder Violine ist am 21. und 22. August 1996 in Fatima (Portugal) entstanden Pater Luis Kondor, Postulator des Heiligsprechungsprozesses, hatte Reinhold Urmetzer das Liber usualis der katholischen Kirche zur Verfügung gestellt, wie es früher in allen Gottesdiensten verwendet worden ist. Hier fand der Komponist unter der Rubrik “Antiphonae B.Mariae Virginis” die Melodie, die allabendlich und vielstimmig  in Fatima zu hören war: “Salve, Regina, mater misericordiae: Vita, dulcedo, et spes nostra, salve.”

Einen gregorianischen Choral nahm Reinhold Urmetzer als Ausgangspunkt. Doch wie aus einer einstimmigen und so perfekten  Melodie eine Komposition machen, ohne den Sinn zu zerstören oder ihn durch moderne Techniken in die Negativität wenden, so dass nur noch Schreck oder Verstörung übrig bleiben? – Ein Zufall wollte es, dass der Komponist bei der Lektüre von Platons “Nomoi” auf die magische Zahl 5040 stieß. In einem vierfachen Teilungsvorgang lässt sie sich bis auf die Zahl 315 reduzieren, immer wieder mit der Quersumme neun. Hing vielleicht Platons Vorliebe für diese angeblich “perfekte” Zahl mit den zahlenmystischen Vorstellungen von Pythagoras zusammen? War vielleicht die Zahl 9 (und mit ihr zusammen auch 315, 630, 1260, 2520, 5040) eine ebenso heilige Zahl wie die Zahl 10 des magischen Quadrats bei Pythagoras?

Wie dem auch sei, der Komponist legte dem gregorianischen Choral mit der Marien-Antiphon eine Zahlenreihe zugrunde, die auf die platonischen Zahlen und ihre Teilung durch zwei zurückging und kombinierte sie nach der Kompositionsmethode der Strukturalisten der 50er Jahre. Die Zahl 0 eliminiert dabei jeweils den dafür stehenden Ton, so dass der Choral nie in seiner Reinform erklingen kann. Eine Ausnahme bilden die letzten 12 Takte, die dem Original gemäss erklingen dürfen. Außerdem setzte Reinhold Urmetzer weitere Kunstgriffe ein, wie sie auch beim mittelalterlichen Motetten-Bau oder bis in die Gegenwart hinein Verwendung finden.

Überraschenderweise hört man trotz dieser musikmathematischen Bearbeitung, die sich nur auf die Parameter Melodik und Rhythmik beschränkt, die Melodie des Chorals immer wieder wie von Ferne durchklingen. Der “Schimmer des Himmels der Vergangenheit” leuchtet so noch einmal auf: Ganz ohne Dissonanz oder “Atonalität”, verfremdet zwar durch technische Rationalität unserer modernen Zeit und ihrem Diktat von Zwang, Gesetz und geistiger Durchschaubarkeit, aber trotzdem beruhigend und vetraut zugleich.

Salve Regina (Solo) 23.02

Matthias Neundorf, Violine

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