34 Über Skepsis, Skeptiker und Technokratie (1)
1 Sextus Empirikus (Römische Lektüre III )
Wir nähern uns allmählich dem Zentrum meiner gegenwärtigen Philosophie. Die Analyse dazu, quasi die theoretische Fundierung, liefert Sextus Empirikus und seine Methode der Isosthenie. – Was für ein Wort, werdet Ihr wieder einwenden, keiner versteht es, und keiner kennt es. Noch nicht einmal das englische Wörterbuch weiß darüber Bescheid. Das deutsche Lexikon der philosophischen Fachbegriffe schon. Bald werdet Ihr klarer sehen, so hoffe ich jedenfalls.
Sextus lebte im zweiten nachchristlichen Jahrhundert in Rom, Athen und Ägypten. Drei Bücher sind von ihm erhalten: “Grundzüge der pyrrhonischen Skepsis“, auf das ich mich immer beziehe, “Gegen die Wissenschaftler” (im Original gegen die Mathematiker) und “Gegen die Dogmatiker” (im Original gegen die Philosophen, also die Stoiker). Er schrieb in griechischer Sprache, bekannt wurde er aber durch lateinische Übersetzungen, auf die man heute zurück greift. Rom war zweisprachig, vor allem die Intellektuellen mussten auch Griechisch sprechen und lesen können. Ägypten gehörte schon seit langem zum griechischen Großreich, das von den Römern übernommen worden war. Ich sage “übernommen”, denn es ist nicht so klar, ob das nicht eher eine Implosion als eine Eroberung war (ähnlich heute dem Untergang des östlichen Imperiums). Aus der Biografie von Sextus ist nichts bekannt außer der Tatsache, dass er wohl Arzt war.
Seine philosophischen Gegner waren die Stoiker, die er allesamt als Dogmatiker bezeichnete und deren Intellektualismus er mit seinen sprachlogischen Isosthenien ebenso intellektualistisch bekämpfte. Im Gegensatz zu den Peripathetikern, den Aristoteles-Anhängern (heute würde man sie als Naturwissenschaftler bezeichnen), die alles genau berechneten (sie wussten sogar, wie tief ein Sonnenstrahl ins Meer eindringt), beschränkten sich die Stoiker mehr auf Ethik (wie man leben soll), Logik, Rhetorik und Sprachanalyse, d.h.Grammatik. In diesen Bereichen beanspruchten sie gleichwohl sehr dogmatisch Deutungshoheit und Anspruch auf Wahrheit.
Sextus versucht, alle ihre Positionen durch Isosthenien aufzulösen und unwirksam werden zu lassen. Er beweist z.B., dass es Zeit gibt und dass es sie dennoch nicht geben kann. Ebenso schreibt er über Wahrheit, Erziehung, Gott, Ursache, Körper, Bewegung etc. Auch “Ob der Skeptiker dogmatisiert”, “Über die Einteilung eines Wortes in Bedeutungen”, “Ob es eine Lebenstechnik gibt”, “Ob es etwas gibt, das gelehrt werden kann”(natürlich ja, natürlich nein) und so fort.
Ich füge ein konkretes Beispiel an, dass es keine Zeit geben kann. Es lohnt sich, darüber nachzudenken und sich die Argumentation klar zu machen:
“Wenn es Zeit gibt, dann ist sie entweder endlich oder unendlich.Wenn sie endlich ist, dann hat sie mit irgendeiner Zeit begonnen und wird mit irgend einer Zeit enden. Daher gab es irgendwann eine Zeit, zu der es keine Zeit gab,nämlich bevor sie begonnen hatte, und wird es irgendwann eine Zeit geben, zu der es keine Zeit gibt, nämlich nachdem sie geendet hat. Das aber ist widersinnig. Also ist die Zeit nicht endlich. Wenn sie aber unendlich ist, dann sind die Zukunft und die Vergangenheit entweder , oder sie sind nicht; denn der eine Teil der Zeit wird ja Vergangenheit , der andere Gegenwart, der dritte Zukunft genannt. Wenn sie nicht sind, bleibt nur die Gegenwart übrig, die winzig ist, sodass die Zeit endlich ist und die anfänglichen Aporien folgen. Wenn aber die Vergangenheit ist und die Zukunft ist, dann ist jede von ihnen beiden Gegenwart. Es ist jedoch unsinnig, die vergangene und die zukünftige Zeit Gegenwart zu nennen. Also ist die Zeit auch nicht unendlich. Wenn aber weder endlich noch unendlich, dann gibt es überhaupt keine Zeit”.
Dergestalt zählt Sextus allein in diesem Kapitel, das nur eines von vielen ausmacht, noch weitere acht Beweise auf, dass Zeit existiert und dass Zeit nicht existiert.
Seine Darlegungen enden oft mit der Empfehlung, man soll sich in solchen Fällen der Meinung enthalten und sich weder auf das eine noch das andere festlegen:
“Es ließe sich noch anderes mehr sagen. Um jedoch die Erörterung nicht in die Länge zu ziehen, ist nur noch dieses anzuführen, dass einerseits die Argumente der Skeptiker in Verlegenheit führen, andererseits aber auch die sinnliche Evidenz sie aus der Fassung bringt. Daher pflichten wir im Sinne dessen, was von den Dogmatikern gesagt wird, keinem von beiden bei, sondern halten uns über die Zeit zurück (d.h. man enthält sich des Urteils). (1)
Alles löst sich dergestalt in Gleichwertigkeiten auf, womit der Schweizer Wissenschaftstheoretiker Paul Feyerabend fast 2000 Jahre später seine “Alles geht”- Philosophie begründet hat. Das bedeutet jedoch nicht, dass alles möglich sein kann zum Beispiel in der Politik oder Moral. Es bedeutet, dass dieser Grundsatz nur von Fall zu Fall gilt und dass verallgemeinerbare Wahrheiten gesucht und nach Lyotard sogar im positiv gesehenen Streit gefunden werden müssen.
Wir leben also zumindest im Bereich der Moral und des Denkens nicht in einem besinnungslosen Chaos, sondern wir müssen untereinander als Menschen – wir sind nicht nur Tiere – immer wieder von Fall zu Fall klar kommen, das heißt uns verständigen können.
Der Begründer der skeptischen Schule, die sich wie ein Bazillus gerade in Platons Akademie seit dem zweiten vorchristlichen Jahrhundert ausgebreitet hatte (darüber später), war Pyrrhon von Elis (360-270 v.Chr.). Man spricht deshalb gelegentlich auch von pyrrhonischer Skepsis.
Diogenes Laertius beschreibt Pyrrhon als einen kauzigen und menschenscheuen, ja sogar menschenfeindlichen Typ, dem alles gleichgültig war und der vor allem ganz bewusst keine Meinung hatte oder haben wollte. Wahrheit ist nicht erkennbar, alles löst sich in Relativitäten auf. Was dem einen nah, ist dem anderen fern, dem einen schwer, dem anderen leicht, richtig – falsch, schön – hässlich, gerecht – ungerecht, glücklich – unglücklich, denkt man nur lange genug über diese Begriffe nach, das heißt auch über Jahre und sogar Jahrhunderte, dann wird man von Fall zu Fall immer wieder Zustimmungen zu dem einen und dem anderen finden. Das “von Fall zu Fall” hat Paul Feyerabend eingefügt – selbst Isosthenien gelten nicht immer und ewig, sondern nur von Fall zu Fall. Manchmal ja manchmal nein.
Die Volksdichtung macht diese alte skeptische Grundhaltung sehr anschaulich in der Geschichte von Buridans Esel. Dieses Tier, in seiner Entscheidungsschwäche tatsächlich ein Esel, stand vor zwei gleich großen Heuhaufen und wusste sich nicht zu entscheiden, welchen er trotz seines starken Hungers fressen sollte. Er starb schließlich.
Auch Sextus hat seine Position nicht unumstößlich dogmatisch durchgehalten. Seine Empfehlung, wie man denn nun sein Leben leben solle, lautet: Bei Gleichwertigkeiten (Isosthenien) soll man nicht Partei ergreifen, sondern sich enthalten. Bei dennoch notwendigen Entscheidungen soll man sich in die Tradition einfügen und im übrigen die Gesetze und Gepflogenheiten der Umgebung beachten.
(1)Sextus Empiricus,”Grundriss der pyrrhonischen Skepsis”. Übersetzung Malte Hossenfelder.Suhrkamp tb wissenschaft 499 (1985) S.262-263
2 Über Skeptiker
Nietzsche hat zu dem Problem der isosthenischen Gegensätzlichkeit und der Gegensatzpaare wie etwa Mensch-Tier oder bei ihm eher Humanität – Macht indirekt folgende Antwort gefunden. Wer die Macht hat, der wird egoistisch und eigensinnig nur in seinem Sinn entscheiden. Er darf auch keine Isosthenien akzeptieren oder Skrupel und Entscheidungsschwäche besitzen. Immerhin hat er diese Position der Macht gerade durch Stärke, Kraft und Entscheidungsstärke erreicht.
Macht ist also bei Nietzsche anstrebenswert, denn nur sie verhindert die Passivität einer (schwächlichen) Anpassung, eines Gehorchen-Müssens oder sogar einer Selbstaufgabe. Denn der Mächtige allein entscheidet über das Wohl und Wehe sogar der anderen, und das ganz ohne Moral, Verantwortungsbewusstsein oder skeptische Skrupel. Skeptische Skrupel sind eine Schwäche.
In der Soziolinguistik oder auch Handlungstheorie etwa Luhmanns ist die Frage, wie man zu einer Entscheidung kommt, also die Theorie der Entscheidungsfindung, von großer und ausschlaggebender Bedeutung. Was veranlasst einen Menschen zu einer oder zu gerade dieser Handlung, jeder Handlung muss immer eine bewusste (vom Intellekt gesteuerte) oder unbewusste (körperlich-biologisch gesteuerte) Entscheidung vorausgehen. Jetzt geht es also nicht mehr um Herrschaft oder Macht, sondern nur um das tagtägliche Leben. Später wird es gleichwohl um Macht und Beherrschungsstrategien gehen.
Die Entscheidungslosigkeit ist in dieser Theorie wohl the worst case – vollkommen undenkbar, dass man keine Entscheidung trifft. Du triffst eine Entscheidung, ich treffe eine Entscheidung, sehen wir zu, dass wir miteinander auskommen. Das betrifft nach Luhmanns Theorie das tägliche Leben nicht nur der Einzelpersonen, sondern auch ganzer Gesellschaftsgruppen, Klassen und Völker. Auch wenn viele Entscheidungen unbewusst getroffen werden und vielleicht genetisch oder den Maximen der Lerntheorie entsprechend vorbestimmt sind.
Auch für Freud war die Unfähigkeit zur Entscheidung negativ. Sie sei das typische Symptom einer Neurose. Die Anhänger der skeptischen Schule sind also allesamt reine Neurotiker. Da Neurotiker auch noch nach Freud per se bi- oder auch pansexuell sind, habt ihr also jetzt das typische Profil eines neurotischen Zeitgenossen vor euch.
In der Wissenschaftstheorie wird eine solche Vorgehensweise jedoch als Pathologisierung oder gar Psychiatrisierung eines Problems, einer Meinung oder einer persönlichen Einstellung problematisiert, auch abgelehnt. Das Wahrheitsproblem kann nicht dergestalt gelöst werden, dass man den anderen als krank oder nicht zurechnungsfähig erklärt. Selbst Hitler oder andere Diktatoren sind mit dieser Methode nicht zu bändigen gewesen, eher im Gegenteil. Der englische Psychiater Ronald D. Laing hat in seiner Auffassung der Schizophrenie sogar solche Menschen noch als “normal” angesehen.
3 Über Technokratie
Noch einen Schritt weiter. Vom Zweifel über die (vergebliche) Entscheidungsfindung zu (nicht legitimierter) Herrschaft und Macht mittels Maschinen und technischem Wissen.
Wenn man sich nun vorstellt, dass die Handlungstheorie dabei ist, nummeralisiert, d.h. auch digitalisiert und von Maschinen les-und beherrschbar gemacht zu werden, dann sieht man, wie weit die Beherrschungs-und Steuerungsmechanismen der Techniker, also einer technokratisch orientierten elitären Gesellschaftsgruppe, bereits fortgeschritten sind. Man nennt dieses Vorgehen auch euphemistisch “social engeneering” (Sozial-Ingenieure).
Einfluss auf Entscheidungen großer Bevölkerungsgruppen nehmen zu können scheint immer mehr das Hauptziel der politischen Willensbildung zu sein. Nicht Information und Transparenz, sondern Desinformation, Verschleierung und Lüge dominieren die Moral der Zeit, das heißt einer Moral, die wesentlich immer mehr von ökonomischen Imperativen bestimmt wird. Diese beeinflussen auch statistische Berechnungen, Wahrheitsfindung, Kunst, zwischenmenschliche oder intermaschinelle Kommunikation.
Ob die Apparate mittlerweile auch Obama einflüstern werden, wie er sich Putin oder Merkel gegenüber zu verhalten hat? Die eigene Bevölkerung hat man in den USA jedenfalls wie Ratten im berühmten Skinner-Experiment gut im Griff der Input-Output-Steuerung. Man beachte nur die Kulturindustrie oder den amerikanischen Wirtschaftsimperialismus, der sich weltweit ausgebreitet hat (das amerikanische Imperium) samt den kulturellen Kollateral-Schäden.
Nehmen wir einmal an, das Microsoft-, Facebook- oder Google-Imperium bräche zusammen, und schon stürzt die halbe Welt, die davon abhängig ist, ebenfalls zusammen. Was wäre, wenn wir die Up-Dates und Neuerfindungen in unseren Computern und Kommunikations-Apparaten verpassen würden? Schlimm genug, wenn man das Abschalten von Windows XP auf Dauer verpasst hätte. Für alle meine Bücher, die über Amazon Deutschland verkauft werden, erhalte ich Abrechnungen aus dem Hauptquartier in Seattle/USA. Selbst eine amerikanische Steuernummer musste ich mir zulegen.
In den letzten 30 Jahren hat es keine nennenswerten Unruhen unter der amerikanischen Bevölkerung mehr gegeben. Selbst die Finanzkrise, die doch so viele Menschen in die Not gestürzt hat, scheint keine Auswirkungen zu haben. Alles hat man geduldig vor den oder mithilfe der Ablenkungsmaschinen ertragen.
Die Technokratie-Debatte wurde lange Jahre, ja sogar Jahrzehnte (selbst Horkheimer und Adorno haben sich damit befasst) unter dem politischen Vorzeichen der Kapitalismus-Kritik geführt. Ziel des Kapitalismus sei Geld, Gewinn-Maximierung. Technische Produkte, vor allem dauernde Innovationen seien die besten Gewährleister dafür (ich klammere die sozialen Probleme wie Unterbezahlung oder Entfremdung jetzt dabei aus). Nun hat sich aber die Innovations-Maxime mittlerweile verselbständigt wie in Goethes Gedicht “Der Zauberlehrling”. Die Tendenz zur Verselbständigung, auch zur Selbst-Korrektur der Maschinen scheint nicht mehr stoppbar. Sich selbst steuernde und perfektionierende Maschinen sind in utopischen Dimensionen bereits denkbar, ebenso wie sich das ganze System einer Technokratie immer mehr perfektioniert, auch immunisiert und verselbständigt. Wer weiß es – und wie? – zu stoppen, zumal der Zwillingsbruder der Geld-Maximierung, die Werbung, ihr unbegrenztes Reich bereits aufgebaut hat und scheinbar auch nicht mehr zu stoppen ist. Werbung für die Werbung ist höchst effektiv.
4 Über Transparenz und Mitbeteiligung
Karl Otto Apel (1922-2017) hat in dieser Verworrenheit der “Alles-geht”- Maxime (die ein “Alles geht” meist nur für die Mächtigen bedeutet) sowie der Macht-und Dominierungskämpfe zusammen mit Jürgen Habermas einen neuen Akzent gesetzt. Er nennt diese seine “Letztbegründung“, auf welche alles zurückgeht, das a priori der Kommunikations-Gemeinschaft.
Wir leben – ob als Wissenschaftstheoretiker, Liebende, Politiker, Ärzte, Stumme, Blinde, Erzieher – in einer Kommunikations-Gemeinschaft. Vielleicht sogar nur oder eher in einer Kommunikations-Gemeinschaft sprechender Tiere, füge ich hinzu. Wobei ich wieder betonen muss, dass der tierische Zustand für mich die Antithese zum leicht beherrschbaren Maschinen-Zustand des Menschen ist mit allen guten wie schlechten Konsequenzen. Selbst als Mathematiker, Psychologe, Theologe, Vater, Mutter, Sexpartner etc. – immer sind wir gezwungen zu sprechen, zu reden, zu verstehen, eine Sprache der Verständigung zu finden. Auch jetzt.
Worüber? – Das kann an dieser Stelle der Erörterung offen bleiben und braucht uns jetzt weniger zu kümmern. Aber dass unsere Begegnung vielleicht sogar zu einer Beziehung, einem Begehren, einer lebenslangen Liebe und Partnerschaft werden kann, dazu braucht es eine Sprache, das Sprechen und auch das Sprechenkönnen. Womit wir wieder bei einem meiner Lieblingsthemen wären: wie sprechen, dass man sich verstehen kann (s. Blog Nr.5 “Über Sprechen-und Verstehen-Können”).
Natürlich tauchen jetzt windige Gesellen auf, Sophisten, Ausnützer, Rabulisten, Demagogen, sogar äußerst gebildete Besserwisser oder auch sogenannte Wissenschaftler und Fachleute, die mittels einer überzeugenden isosthenischen Argumentation unsere menschenfreundlichen Absichten wieder zerstören oder in Frage stellen können, in Frage stellen werden.
Aber Leben ist ein chaotisches dynamisches System (Ihr merkt die Begriffe, auf die ich mich festlege und einschränke, begrenze) von Vielfalt, Widerspruch und dauernder Veränderung, wo wir uns zurecht finden müssen wie in einem Himmel, manchmal wie in einer Hölle. Ich nenne es gerne auch das Pluriversum. Götter und Engel und Teufel und Menschen sind uns beigegeben, den Weg zu finden, ihn zu spuren wohin auch immer uns das Schicksal führen wird.
Wenn uns die Idee der Freiheit und Selbstbestimmung wichtig ist, dann sind in einem solchen System Transparenz, Offenheit und Toleranz wesentliche Maximen. Selbst den Technokraten gegenüber. Skinners literarische Vision “Futurum II“, worin er seine behavioristischen Ideen (er ist der Ur-Vater der Technokratie) in Science-Fiction- Art darlegt, ist durchaus faszinierend, menschenfreundlich und überzeugend. Aber es muss darüber geredet werden.
In unserer jetzigen Gegenwart und näheren Zukunft wird man sich immer drängender fragen müssen: Was machst du mit mir, was mache ich mit dir? Was habe ich in deiner Welt, was hast du in meiner Welt zu suchen?Warum bist du für mein Leben notwendig?
Wenn wir das Transparenz-Problem nicht lösen oder nicht mehr als Problem wahrnehmen können, werden wir zu Dingen und Maschinen, die von anderen die Instruktionen erhalten, sogar ohne dass wir es merken und – das ist das große menschenfreundliche Versprechen dieser neuen Macht (ich zweifle tatsächlich nicht daran) – wir werden sogar glücklich dabei sein!
Ist das genug ?
Ich bin, weil ich zu einer von anderen gesteuerten Maschine geworden bin. Ich bin, weil ich mich in eine elektronische Computerwelt einfügen und dort mehr als genug kommunizieren kann, sogar damit ganz “ausgelastet” bin.
Ich bin, weil auch mein Interesse an Kontakt, Lust, Glück, Selbst- und Arterhaltung allein mit Hilfe von Maschinen befriedigt werden kann.
Ich bin, weil ich allein existieren, weil ich allein sein kann.
Ich liebe dich, weil du eine Maschine geworden bist und ich bei dir wie eine Maschine sein darf. “Ich liebe dich” kann ich dir zu mailen. Aber du spürst es nicht, willst es auch gar nicht mal spüren. Ich eigentlich auch nicht. Wo ist dann das Problem?