339 Über Internet-Kommunikation und Opfer (2/4)
Interview Teil 2
Sie haben von drei Opfern der Internet Kommunikation gesprochen. Welches wäre das zweite Opfer?
Das zweite Opfer einer sich aus der neuen Kommunikationsform entwickelnden Störung ist die Weltgesundheit samt aller sozialen und wirtschaftlichen Kollateral-Schäden, die die CoronaEpidemie verursacht hat. Dazu gehören große Vermittlungsprobleme, ein regelrechtes Kommunikations-Debakel hat sich entwickelt. Grippewellen, sogar heftige, waren früher den Medien wohlweislich nur eine Randnotiz wert. Selbst wenn ganze Schulklassen dann und wann nach Hause geschickt worden sind, weil zu wenig Schüler anwesend waren. Fertig. Jetzt werden demgegenüber alle Schulen komplett geschlossen, was einen großen Unterschied macht.
Wissenschaftstheoretisch gesehen geht es um Wahrheit in der Medizin, in der Epidemologie, der Virologie, der Interpretation von Statistik, um richtige oder falsche Präventionsmethoden, um richtige, d.h. erfolgreiche Therapieformen. Diese Grundfragen, die immer wieder Probleme machen, spielen sich aber nicht mehr in kleinen elitären Fachmediziner-Gruppen unter Ausschluss der Öffentlichkeit ab. Über das Internet glaubt sich jeder aufgerufen zum Mitreden. Diese Erörterungen, nennen wir es einmal so, spielen sich weitgehend im Netz ab, wo jeder sagen und behaupten kann, was er gerade will und kann. Durch eine solche Art von oft sogar aggressiver Kommunikation wird die medizinische Problematik, die auch eine der Diskussion, des Widerstreits ist, ja sein muss, jedoch anders als früher größer, ja sogar potenziert. Und dies weltweit.
Womit wir zum Thema kommen: Wie umgehen mit der CoronaPandemie?
Wie man an diese Sache herangegangen ist, einseitig nur Statistiker, Epidemiologen, Virologen als „Fachleute“ und Sprecher der Wissenschaft tagtäglich im Fernsehen – und weltweit – eingesetzt hat, ohne die Kollateralschäden zu bedenken, das war m.E. ein schwerwiegender Fehler der einseitigen Betrachtungsweise, der einseitig szientistischen Interpretation und Darstellung von Daten und Zahlen.
Von Fakten kann man in diesem Fall schon gar nicht mehr reden, wie ich denke. Man hätte Immunologen, Psychologen, Soziologen, auch Kommunikations-Wissenschaftler gleichwertig mit einsetzen müssen. Und das Internet hat diesen Fehler weltweit verbreitet. So dass schließlich die ganze Welt fast einheitlich auf nur einen einzigen Weg zur Bekämpfung der Pandemie eingeschworen worden ist: Zahlen der Angst. Auch wenn es Versuche gab, andere Wege zu testen etwa in Schweden oder in der Schweiz. Alle mussten sich an der fragwürdigen Methodik der Zahlen-Interpretation beteiligen, täglich die neuen Fallzahlen samt Sterberaten über sich ergehen lassen und so fort.
Warum fragwürdig?
Wie kann der Sinn der Bekämpfung dieser Krankheit der Bevölkerung klar gemacht werden? Das ist bislang nicht vollständig gelungen. Wenn die Jahressterblichkeit sich nicht sehr geändert hat, wenn das Sterben meist nur in den älteren Jahrgängen vorkommt, dann ist der Gesamtbevölkerung nicht klar zu machen, warum sie solche Einschränkungen auf sich nehmen soll und warum auch eine Infektion mit dieser Krankheit für den einzelnen so schwer, so gefährlich sein soll. Zumal der Verlauf der Krankheit bei der jungen Generation oft sehr unspektakulär ist.
Gerade den jungen Menschen, die eine Infektion mit der Krankheit, was besonders wichtig ist, nach wenigen Tagen oft bereits mühelos überstanden hatten, konnte erstens nicht klargemacht, also kommunikativ vermittelt werden, dass ein Überhandnehmen der Infektion in der Gesamtbevölkerung das gesamte wirtschaftliche und soziale Leben zum Zusammenbruch geführt hätte. Was tatsächlich eine reale Gefahr war und ist.
Zweitens wurde nicht deutlich genug gemacht, dass eine nicht entdeckte oder nicht ausgebrochene Infektion zwar keine Krankheit, aber dennoch eine Gefahr bedeutet: die Ansteckungsgefahr für viele Menschen einschließlich der Jugend bleibt dennoch bestehen. Ausschlaggebend ist der Zustand der Immunabwehr bei jedem einzelnen Menschen, was zu wenig beachtet, ja sogar ganz vernachlässigt worden ist. Ein großer Fehler. Wovon schließlich doch alles abhängig ist. Stichwort Resilienz.
Drittens sind die Daten, die so genannten Fakten, nicht überzeugend, das heißt gleichartig, gleichwertig interpretiert worden, sondern immer nur in vielfältiger und widersprüchlicher Art und Weise von diesem und jenem. Sie wurden in der Weltpresse von einem Extrem ins andere verschoben, so dass die Glaubwürdigkeit der Medizin als Wissenschaft fast schon ganz wieder infrage gestellt werden musste..
Es gibt bereits Demonstrationen sogenannter Querdenker.
Ja. Das verursachte eine radikale, ja gelegentlich feindselige Ablehnung der Pandemiebekämpfung von welcher Seite auch immer und eine große Desorientierung in der Bevölkerung. Erfreulicherweise oder sage ich besser vernünftigerweise hat sich dennoch ein großer Teil der Menschen weltweit präventiv richtig verhalten, denn eine Maske zu tragen oder Abstand zu halten, das ist wohl in Krisensituationen und Phasen des Nicht-Wissens keine allzu große Herausforderung. Selbst wenn Masken nur einen Placebo-Effekt auslösen mögen, was aber sehr nützlich sein kann.
Den Interpretationen und Prognosen der „Besserwissenden“ zu vertrauen, dazu gehört aber auch eine gewisse Portion Bereitschaft, also ein Vertrauens-Vorschuss. Der ist nicht immer vorhanden, selbst wenn die Staatenlenker sich ins Zeug legen. Doch ich denke, auch diese überschaubare Schwierigkeit war zu überstehen angesichts der weltweit größeren Probleme, mit denen die gegenwärtigen immer noch nicht zu vergleichen sind.
Doch das Grundproblem ist weiterhin nicht gelöst, ist vielleicht auch gar nicht lösbar: ob das neue Virus „nur“ eine andere Art von Grippe-Virus ist, der vielleicht etwas gefährlicher, aber dennoch nicht wert ist, dass eine solche MedienHysterie deswegen entwickelt wird. Oder ob sich nicht doch eher eine ganz neue, besonders schlimme Form von Virus ausbreitet, wovor mit vereinten Kräften die ganze Bevölkerung geschützt werden muss, um keinen Zusammenbruch des gesellschaftlichen Systems zu verursachen mit schlimmen politischen Verwerfungen. Sie sind gegenwärtig nicht zuletzt auch im Parteiengefüge deutlich zu beobachten.
Wie hängt das alles mit der IT- Kommunikation zusammen?
Es hängt mit der Medien-Hysterie zusammen, die durch die neuartigen Kommunikationskanäle weltweit immer mehr und mehr potenziert wird. Ich nenne nur den Streit der Mediziner untereinander, der Wissenschaftler gegeneinander, der Politiker, etwa Trump und Merkel. Verschwörungstheorien der Phantasten, bewusst gestreute falsche Nachrichten, Desinformationskampagnen etc.entstehen.
Im Mittelalter vor der Aufklärung gab es den Hexenwahn als Reaktion auf die großen Pest-Epidemien. Die Frau ist eine Hexe und an allem Schuld. Besser interpretiert: Ich als Mann oder Priester mit einer leicht übersteigerten sexuellen Erregbarkeit muss für diese meine (moralische) Schwäche (sexuelles Begehren als Sünde) einen Sündenbock finden. Und das war die Frau, die deswegen als Hexe bestraft werden musste. Sie und ihre Verführungskunst sind Schuld, dass Gott die Pest ins Land geschickt hat etc.
MedienHysterie hat es zwar immer schon gegeben, seitdem es Medien oder auch nur die Verbreitung von Nachrichten gibt. Denken Sie in unserem absterbendem Zeitungs-Zeitalter an die heftige, auch lautstark in Demonstrationen vorgetragene Kritik an der Bild-Zeitung in den sechziger und siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Diese sehr einflussreiche und parteipolitisch genau festgelegte Tageszeitung hat allein schon durch ihre Schriftgrafik und Bildtechnik jede kleine Schandtat, jedes Verbrechen, jeden Unglücksfall aufgebauscht zu einer nationalen Katastrophe. Doch gegenwärtig hat sich diese Problematik ich würde sagen sogar verzehnfacht. Weil mittlerweile jeder tatsächlich, wie ich eben schon gesagt habe, reden und sagen, schreiben und für wahr halten, ja sogar Bilder und Videos „faken“, also fälschen kann, wie er will.
Soviel zum Thema Weltgesundheit und IT-Kommunikation.
Gibt es noch andere auffällige Themen in den Medien?
Eine ähnliche Form der MedienHysterie gibt es abgesehen vom wissenschaftlichen Streit über das WeltKlima seit den letzten Jahrzehnten auch noch im Bereich der Sexualität, des SexualVerhaltens. Auch in diesem Gebiet wird unter dem Einfluss Freuds und anderer Psycho-Schulen immer wieder geschrieben und propagiert, jeder wie man – meistens sind die „Sexual-Wissenschaftler“ Männer – will und kann. Was in der Antike nur unterschwellig bekannt war und propagiert wurde, die Alles-Geht-Haltung auch in diesem Bereich, steht mittlerweile ebenfalls im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses.
Andererseits ist dieses Thema ebenso wie das Leitmotiv unserer Konsumgesellschaft, Sterben und Tod zu verhindern oder zumindest zu verdrängen, zu verschweigen, immer noch so sehr mit Tabus besetzt, dass keiner so recht zu definieren weiß, was nun eine gute, eine wahre, eine gesunde, eine befriedigende Sexualität zu sein hat. Wobei Lust und Vergnügen, also Verführungsmethoden der Natur, um zu ihrem Ziel zu gelangen, mehr im Mittelpunkt stehen als Nachkommenschaft und Familie. Für das Kinderkriegen setzen sich gegenwärtig nur noch der Papst und die Homosexuellen ein.
Dazu kommen noch die lautstark vorgetragenen Proteste der Gender- und Frauenbewegung, die die ganze so schlüpfrig gewordene Angelegenheit noch komplexer, also auch komplizierter werden lassen.
Schließt eine gute Sexualität tatsächlich nur den Orgasmus und die Befriedigung des Selbst ein? Wie unterschiedlich ist der Orgasmus von Mann und Frau? Ist Sexualität für ein harmonisches Zusammenleben der Menschen untereinander tatsächlich so eminent wichtig? Ist alles, diese Suche oder gar Sucht nach Lust, nur ein Luxus-, ein Medienproblem unserer Zeit und westlichen Kultur?
Kann anti-sexuelles, asketisches Verhalten, wie es zum Beispiel der Buddhismus lehrt, nicht doch auch positive Auswirkungen haben?
Teil 3: Der Autor als Opfer
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