157 Lieblingsstädte
Einige Städte meiner bevorzugten Wahl (Antwort)
Warum ich Fatima in Portugal mag?
Weil ich hier eine natürliche Religiosität finde, die den Lebensweg leichter gehen lässt. Ein spiritueller Ort, den es immer wieder in der Welt gibt, wo sich Himmel und Erde begegnen, sogar berühren. Zwar zusammen mit allerlei Aberglauben, Übertreibungen und allem drum und dran. Aber trotzdem: das Leben wird leichter.
Ich denke, dass Kunst, Religion und Philosophie (im weitesten Sinne verstanden, also als Liebe zur Weisheit, als Nachdenken über Ziele und Sinn, als Wiedererinnern etc.) zu unserer täglichen geistigen Nahrung gehören wie die Lust zu unserer körperlichen.
Ich habe mich immer wieder gefragt, warum so kluge Leute wie Platon oder Cicero, ganz zu schweigen von neuzeitlichen Personen wie Einstein und vielen anderen, mir im Denken und Wissen weit überlegenen Menschen, religiöse Rituale nicht infrage gestellt haben. Platon lässt in seiner “Apologie” Sokrates kurz vor dessen Hinrichtung wegen Atheismus noch ein religiöses Opfer bringen. So “atheistisch” war Sokrates!
Dass auch Cicero, ein so umfassend gebildeter und geistiger Mensch, in seiner zeitweiligen Funktion als Hoher Priester des Staates (Pontifex Maximus) sich nicht zu schade war, aus den Eingeweiden eben erst geschlachteter und blutender Tiere die Zukunft voraus zu sagen.
Dagegen sind die heutigen Rituale in den Gotteshäusern ein Kinderspiel! Nicht mehr mit Blut und schreienden Opfertieren auf dem Altar, sondern, wenn‘s hoch kommt, eine Kerze anzünden und an den Erfolg glauben. Es steht 50:50.
Warum ich Ostende mag?
Dort gibt es Natur, Meer, Wind, die Unkompliziertheit der Menschen. Obwohl sich dort hart und krass das immer erfolgreich um Perfektion bemühte Germanisch-Teutonische mit dem schmiegsam lebenslustig-genießerischen Romanischen trifft. Eine solch heftige Gegensätzlichkeit hat in diesem Teil der Erde, das heißt in Belgien, eine Großzügigkeit, auch tolerante und menschliche Haltung hervor gebracht, die in Europa schwerlich in ihrer Art wieder zu finden ist. Deshalb ist auch Brüssel die EU-Hauptstadt geworden. Mit gutem Recht, wie ich glaube.
Ostende ist auch eine Stadt der Schiff-Fahrt, des Hafens, des flämischen Handels voll Fernweh und Tradition. Immerhin war dieses Land lange Jahre spanisch, deutsch, niederländisch, romanisch und wer weiß was noch. Eine Mixtur also wie das benachbarte Luxemburg, wie Lothringen, das Saarland und andere Gegenden dieser Erde. Man spricht sogar Deutsch in manchen Teilen Belgiens(Lüttich, auch an der Grenze zur Eifel).
Warum Venedig?
Dort dominiert die Kultur, wenn nicht sogar die Kultiviertheit als Exzess, als Theater, Geschichte und Schönheit (“Schick”). Es ist das südliche warme Meer, das Licht, das Wasser, die Lebensfreude und das geschmäcklerische Genießen in vieler Hinsicht. Auch dort sind große abfahrende Schiffe zu finden, die meine unentwegt starke Sehnsucht nach dem Anderen, Neuen befriedigen wollen und die kleinen, verspielten, ja fast auch versponnenen Schiffchen auf dem Canal Grande. Und es gibt keinen lärmenden Verkehr auf den Straßen, nur Boots-Busse und das labyrinthische Netz von Gassen, von Sträßchen, die auf einen warten, uns ins nächste Café, in einen Palast der Kirche oder Kunst oder wie auch immer gearteten Schönheit zu ziehen. Auch wenn viele dieser Paläste – ebenso wie in Fatima die Klöster – leer stehen.
Aber Venedig ist nur in ganz seltenen Zeiten ideal. Meist ist es abstoßend und abweisend, leidet und ächzt es unter der Last der Besucher, auch der stinkenden Kanäle und des Klimas. Man muss die richtige Besuchszeit finden. Und das wird immer schwieriger. Ich bevorzuge nur noch den Winter.
Warum ich Budapest mag? Dort sind trockene Hitze und Lärm des Lebens, ein bis in die politische Gegenwart immer noch hinein reichender Lebenskampf, die Mischung aus hektischem Großstadt-Paris und gemütlichem Wien, der Neuaufbruch aus eigener Kraft (und Verzweiflung), aber auch die Lebensfreude, die bis zu einer ungewöhnlichen und vielleicht auch ungebührlichen Ekstase gehen kann.
Zumindest bei mir. Da ist doch auch ein Zigeuner bin. Oder sein soll, was die Mythologie meiner Familie mütterlicherseits verschämt verschweigt oder erzählt oder ich mir einreden will, möchte, soll.
Wer früher – und dies trotz “Sozialismus” – noch die alt-ehrwürdigen Restaurants mit ihrem Stehgeigerblues hat erleben dürfen, das monströs überladene Café Hungaria, das kitschig-opulente und herunter gekommene Jugendstil-Hotel Astoria oder die schwül-erotischen Thermal-Bäder osmanischen Ursprungs in der Stadt, der kennt noch diese kunstvolle Welt und was es auch heute noch bedeutet, Erinnerungen an eine untergegangene Zeit, die k.u.k.Monarchie, aufrecht halten zu können.
Vgl.auch meinen Blog-Eintrag Nr.83 über Ostende.
INHALTSVERZEICHNIS NR.91