181 Wieder gelesen:”Skepsis, Skeptiker und Technokratie”
Ich veröffentliche an dieser Stelle ältere Aufsätze, die von unbekannten Lesern wieder angeklickt und mir in die Erinnerung zurück gerufen worden sind. Ich studiere diese Texte gerne noch einmal, untersuche ihre Aktualität und verbessere wenn nötig.
Im Blogbeitrag Nr.34 “Über Skepsis, Skeptiker und Technokratie” kann man mich bereits im Zentrum meiner Philosophie treffen: Bei den Isosthenien. Wo kommen sie her (aus der römischen Antike, Sextus Empiricus), und wo führen sie hin: Zur wissenschaftstheoretischen Position von Paul Feyerabend und Jean François Lyotard – Alles geht, jede Art von Theorie und ihrer Beweisführung bleibt subjektiv in Interessen, Perspektiven und Relativitäten gefangen. Alles ist Sprachspiel, Erzählung, alle Zeichen und Botschaften sind immer wieder auch mehrdeutig und immer jeweils wieder auch anders interpretierbar.Trotz aller “wissenschaftlicher” Versuche, die so genannte “Unschärfe von Sprache” zu beseitigen. Was immer nur mit einer rigiden Dogmatik gelingt.
Ich schreibe in diesem Aufsatz auch, vielleicht etwas zu optimistisch: Wir leben nicht, zumindest was Moral und Wissenschaft betrifft, in einem besinnungslosen Chaos. Mittlerweile würde ich hinzufügen: Schon leben wir in einem Chaos, aber nicht unbedingt besinnungslos, sondern manchmal, vor allem nach Katastrophen, mit Vernunft und Überlegung begabt, die das Überleben des Menschengeschlechtes bislang gesichert haben.
Im weiteren Verlauf dieses schwergewichtigen Aufsatzes komme ich auf Skepsis und die Skeptiker zu sprechen, die das genaue Gegenteil von Macht und Machtmenschen im Sinne Nietzsches darstellen. Sie zögern, zweifeln, suchen nach Alternativen, kurz sie sind nach Meinung von Freud die besten Beispiele für Neurotiker.
Willkommen im Club der zweifelnden und pansexuellen Neurotiker! Wobei ich mich selber mit dazu rechne. Zumal ich glaube, dass im Sinne von Freuds Psychopathologie mittlerweile alle Menschen Neurotiker sind.
Von der Macht und der Verfestigung der Macht mittels soziolinguistischer Theorien und digitalisierter Handlungsmuster komme ich schließlich auch auf die Technokratie zu sprechen. Wie ihr mittlerweile wisst, eines meiner Lieblingsgebiete: die Fremdsteuerung hin zum Glück (positiv, ja euphemistisch gesprochen) mittels einer undurchschaubaren Macht. Diese Macht wird weniger von einer anonymen und sich selbst steuernden anonymen Bürokratie, wie Herbert Marcuse noch geglaubt hat, ausgeübt, sondern von den elektronischen Medien. Man kann sie auch E-Maschinen nennen.
Schließlich schlage ich aber doch noch eine positive Weiterentwicklung vor. Sie bezieht sich auf die Kommunikationsphilosophie von Karl Otto Apel und dessen “Letztbegründung“: Dass wir trotz allem uns in einer Kommunikationsgemeinschaft befinden, bewegen, die letztlich immer auf Sprache, auf einem Verstehen, einer Verständigung fußen muss.
Jetzt und in diesem Augenblick, wenn ihr dies lest und zu verstehen sucht, beispielsweise auch.
Und dass wir von Fall zu Fall als denkende Wesen immer wieder auch eine Sprache für das Denken, für eine Entscheidung, für einen Kompromiss finden müssen, um uns verständigen zu können, um uns untereinander zu verstehen. Also sind wir doch nicht so solipsistisch ganz allein gelassen in dieser Welt.
Ich plädiere in meinem Aufsatz, den diskursiven Teil abschließend, dann für Transparenz, Offenheit und Gespräch. Wir bewegen uns gesellschaftstheoretisch also jetzt auch im weiten Bereich der Politik.
Am Ende findet der Leser wieder einen meiner geliebten Ausflüge in die literarische Fiktion, meist Ausblicke in die Zukunft. Mit dem “ich bin” beziehe ich mich dort auf ein altes Problem in der Philosophiegeschichte, den Nachweis nämlich zu erbringen, dass man existiert. Wie kann man philosophisch beweisen, dass der Mensch oder dass ich als denkender Mensch existiere. Descartes antwortete: Cogito ergo sum, ich bin, weil ich denke (auch im Sinne von Zweifeln). Marx sagt: Ich bin, weil ich arbeite. Die Psychoschulen des letzten Jahrhunderts ergänzen: ich bin, weil ich fühle.
Folgende neue Antworten sind mir für die Zukunft eingefallen:
Ich bin, weil ich zu einer von anderen gesteuerten Maschine geworden bin.
Ich bin, weil ich mich in eine elektronische Computerwelt einfügen und dort mehr als genug kommunizieren kann, sogar damit ganz „ausgelastet“ bin. Ich brauche keine Menschen als Gesprächspartner.
Ich bin, weil auch mein Interesse an Kontakt, Lust, Glück, Selbst- und Arterhaltung allein mit Hilfe von Maschinen befriedigt werden kann.
Ich bin, weil ich alleine existieren, weil ich allein sein kann.
Was die Liebe betrifft, unser letztes Refugium vielleicht von Humanität und Zweisamkeit, gibt es folgende Antworten:
Ich liebe dich, weil du eine Maschine geworden bist und ich bei dir eine Maschine sein kann.
Ich liebe dich, weil du zu einer Maschine geworden bist und ich bei dir wie eine Maschine sein darf.
„Ich liebe dich“ kann ich dir zu mailen. Aber du spürst es nicht, willst es auch gar nicht mal spüren.
Ich eigentlich auch nicht.
Wo ist dann das Problem?
?