273 Über Gefühle
Die Entfesselung der Emotionen macht den Menschen zum Tier, im guten wie im schlechten Sinne. Ja, das Tier im Menschen kann auch überaus nützlich und gut, spannend und anregend sein. Es wird nur oft zu negativ, zu abwertend eingesetzt im allgemeinen Sprachgebrauch. Allein das Tier ist zuständig für Lust, für Freude, Spontaneität, Spiel und Spaß, alles das, was Freud das Es genannt hat. Die Transaktionsanalyse nennt es in einem ebenso guten Sprachgebrauch das Kimdheits-Ich. Auch für Flucht, Aggression, Selbstverteidigung ist es notwendig. Während das Über-Ich mit seinen Geboten und Verboten immer nur den das Ich steuernden Geist anspricht. Das Ich muss zwischen diesen beiden Welten auswählen, manchmal instinktiv, manchmal bewusst und mit Überlegung oder Rückkoppelung beim Über-Ich, beim Es. Die Verkürzung und Unterdrückung beider Welten macht den Menschen zum Krüppel; zumindest zu einem nur eingeschränkt, beschränkt lebenden. Uneingeschränkt leben bedeutet hingegen die Entfaltung, Entfesselung, Domestizierung beider Seiten unserer Seele. Also (neu!): die Seele ist Tier, die Seele ist Geist. Und beides sollte gehegt, gepflegt, “kultiviert” werden.
Wie steht’s nun mit den Gefühlen?
Zwei Mächte habe ich in diesem Blog, der doch mit der Erforschung von Liebe und Lust gestartet ist, immer wieder angesprochen. Sie beherrschen unser Leben und unseren Körper: Geist und Gefühl. Beide sind Seismographen unserer Seele, die ihren Weg in der Umwelt von Ich, Leben und Welt finden muss. Gefühle spüren die Richtung, in die es gehen soll: Jenseits von Leid und Schmerz, hin zu Glück und Lust und Zufriedenheit. Der Geist versucht mit Verstand, Wissen, Erfahrung und Vernunft den Weg zu spuren, wie ich es immer wieder bildlich beschreibe, den Weg zu spuren in dieser Wüste des Neuen, Unbekannten und Fremden, das uns umgibt und verunsichert immer wieder. Und jeden Tag neu.
Der Geist arbeitet mit Begriffen, Handlungen, Handlungsanweisungen; er arbeitet mit Geboten, mit Moral und mit Argumentation. Nicht zuletzt arbeitet er auch mit Erinnerungen und Lernerfahrungen aus der Vergangenheit, aus unserer seelischen und körperlichen Vergangenheit. Aber auch – ich betone es immer wieder – aus unserer sozialen, historischen und politischen Vergangenheit, die bis zu den Aufzeichnungen der Juden im Alten Testament, zu den Aufzeichnungen der Ägypter, Griechen und Römer reichen mögen.
Näher und aktueller am Leben sind jedoch die Gefühle. Sie steuern unseren tagtäglichen Weg, sie helfen uns bei der Bewältigung der einfachen Tätigkeiten, wie sie unser Körper verlangt, das Essen und Trinken, das Lieben und Hassen, Angst, Sehnsucht, Freude. Ich weiß nicht, ob damit genug Begriffe gefunden worden sind zur Benennung dieser Mächte, d.h. um die Gefühle mit dem Geist einzufangen, zu benennen. Sie damit auch zu bändigen, sie vielleicht auch zu bilden, wie etwa Freud propagiert hat. Sich den Gefühlen auszuliefern ist zu wenig.
Ein Weg, auf dem wir uns gerade jetzt befinden und in diesem Augenblick. Was wird gerade gefühlt? Jetzt, wo Ihr doch so mit dem Geist, dem Lesen, Verstehen und Denken beschäftigt seid. Was fühlt euer Geist? Gibt es das: Dass Geist und das Denken auch fühlen können? Ja doch! – Es gibt eine Lust am Geist, eine Lust am Sprechen, Reden, es gibt die Freude, die höchste Freude sogar – nach Epikur – am freundschaftlichen Gespräch. Ein gedachtes, durchdachtes Fühlen, also das Verbalisieren von Gefühlen, kann es tatsächlich geben, das, was wir gerade auch im Begriff sind zu unternehmen. Und für die Lebensbewältigung scheint dies besonders wichtig zu sein, sagen zumindest die Psychotherapeuten.
Kann es neben diesem gedachten Fühlen auch ein gefühltes Denken geben? Ich glaube schon. Denn auch das Denken ist nicht Selbstzweck, sondern führt zu einem Ziel, welches letztlich doch der menschliche Körper vor gibt. Es gibt die Lust am Lesen, die Freude an der Schönheit eines Deals, ebenso wie es auch die Qual des Lesens gibt, der Ärger über unverständliche Formulierungen oder Monstersätze, die, ich gebe es zu, immer wieder auch von mir bewusst eingesetzt werden. Aber darüber und warum dies alles jetzt kein Wort weiter.
Im abendländischen Denken zu seinem Beginn – wenn wir einmal die jüdische Tradition, wie sie im alten Testament festgehalten ist, zurückstellen – also zu Beginn des europäischen Intellektualismus in Griechenland finden sich fast keine Aufzeichnungen über emotionale Zustände des Menschen. Immer nur geht es dort um abstrakte intellektuelle Probleme, wie sie in ihrer Meisterschaft von Meisterdenkern wie Platon oder Aristoteles (ihr bemerkt hoffentlich, dass ich diesen Begriff immer mit einer gewissen ironischen Distanz verwende) in die Welt gesetzt worden sind. Selbst ūber Freundschaft und Eros wird viel geschrieben. Aber immer nur abstrakt, intellektuell, auch manchmal bildhaft-mythologisch und ganz ohne Handlungsanweisungen. Nicht zuletzt sind es also immer die abstrakten Begriffe des Geistes, wie er die Welt, die Umwelt und die innere Welt des Menschen damit zu beherrschen versucht. Hegel wird es viel später so nennen: Welt, Geist oder Dinge in (oder auch auf) den Begriff bringen – etwas: die Welt, den Menschen, auch seine Gefühle in den Begriff bringen.
Nun hat aber das in den Begriff bringen der Gefühle jedoch auch seine Schattenseiten. Gerade in Deutschland hat sich dieses in den Begriff bringen der Gefühle zu einem exzessiven Anti-Emotionalismus, zu einem fast schon blindwütigen Rationalismus und Intellektualismus entwickelt, so dass sich eine große und mächtige Gegenbewegung Mitte des 19.Jahrhunderts hat bilden müssen: die Entwicklung der Psychologie, der Selbsterforschung, der Introspektion, die schließlich Freud dann zu einer Wissenschaft, auch zu einer Heilkunst, einer Therapie weiter entwickelt hat. Nicht zuletzt am anderen Ende dieses Prozesses einer wissenschaftlichen Erforschung der Seele steht Wilhelm Reich. Er hat sich tatsächlich in der Befreiung, d.h. letztlich in der Entfesselung der sexuellen Emotion im Sinne einer befriedigenden (eher männlichen) Orgasmusfähigkeit eine Befreiung des Menschengeschlechtes sogar von Aggression und Krieg und Gewalt erhofft.
Die Verbalisierung des Gefühlslebens steht also im krassen Gegensatz zum Ausleben der Gefühle, wie es in den letzten vielleicht sogar 150 Jahren auch in Deutschland dennoch geübt und gepflegt worden ist, zumal in der Kaiser- und dann Hitlerzeit. Mit schlechten und Tod bringenden Ergebnissen. Denn jeder Populismus lebt von entfesselten Gefühlen. Er braucht für seine Weltanschauung Begriffe, die mit positiven Gefühlen verbunden werden wie Liebe zu Heimat, Rasse, Nation, und er braucht andere Begriffe für Feindbilder, die mit negativen Gefühlen besetzt, d.h. aufgeladen werden wie Batterien. Denn nur so entsteht Energie zum Handeln.
Doch wie umgehen mit all den Menschen und Völkern, die gerade ihr Gefühlsleben fast intuitiv mehr kultivieren, mehr pflegen und schätzen als die Intellektualität? Denn sowas gibt es tatsächlich selbst in Europa. Wie einen Ausgleich finden zwischen Rationalität, die für Planung, Struktur, Erkennen, Wissen und Wahrheit unumgänglich ist, und Emotionalität, welche die Quelle unserer Lebens- und Handlungsenergie bereit stellt, dass wir tätig, aktiv werden und kraftvoll unser Ziel erreichen können? Nach Freud wird dabei meist die sexuelle Energie (Libido) sublimiert, kanalisiert – nur so könne Kultur, Wirtschaft und gesellschaftliches Leben funktionieren, meint er.
Wohin soll sich die Waage der Gleichwertigkeit wenden?
Wann sollen wir rational, wann dürfen müssen können wir emotional sein?
Die Emotionalität entfesselt im Menschen und in seinem Körper das Tier, ich sagte es bereits. Das bedeutet ganz ohne Wertung eine Kraft, eine Stärkung, eine Lebendigkeit. Aber es kann auch zu einer blindwütigen todbringenden Aggression werden, zu Leichtsinn, Wahn und emotionalem Verfall, also Zwang und Sucht. Während eine exzessive Intellektualität den Menschen als Menschen, das heißt als ein lebendiges, gefühlsintensives und mitfühlendes Wesen auch zum Krüppel machen kann. Über die neuartige Verkrüppelungen des Intellektuellen und Geistesarbeiters, der nur noch mit Computern und elektronischen Geräten verbandelt ist, habe ich oft genug schon geschrieben.
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Liebe und Lust war mein Thema in diesem Blog. Schon von Anfang an. Ich denke, dass ich allmählich an ein Ende mit meinen Fragestellungen diesbezüglich komme. An ein Finale, wie wir mit den beiden Begriffen die Welt in den Begriff bringen wollen, d.h. Leben und Lieben, Fortpflanzung und Tod, wie man damit umgehen soll.
Ich habe auch oft genug von der Befreiung der Lust zur Lust selber als ein existenzielles Recht und quasi ein Überbleibsel unserer tierischen Vergangenheit, ein Atavismus also, gesprochen. Dass Lust ohne Verstand und Geist für viele Menschen jedoch gegenwärtig zum Selbstzweck werden kann und auch häufig geworden ist. Wobei ich immer wieder die Lust nicht nur auf das sexuelle Begehren einschränke, sondern sogar Geld-Lust, Sammel-Lust, Vergnügen und Ablenkung damit verbinde. Gerade sexuelle Lust kann jedoch zum solipsistischen Selbstzweck werden, und dies, wenn man der Pornographie Glauben schenken darf, gegenwärtig in einem sehr exzessiven und eigensüchtigen Maß.
Ich habe dabei immer auch die Antipoden, die christliche Agape mit ins Spiel gebracht. Dass neben dem Ich auch das Du nicht vergessen werden darf, die Verantwortung dem Mitmenschen und der Gesellschaft gegenüber im Sinne eines Helfens und Unterstützens, auch einer Familienplanung mit all ihren Problemen. Dass eine in diesem Sinne geistige Liebe sogar schließlich ganz auf den materiellen Zweck, also die Befriedigung, verzichten kann, das haben schon die alten griechischen Schulen, insbesondere die Kyniker und nicht zuletzt auch Platon propagiert.
Diese uralten Gedanken und Prämissen wirken weiter bis in die Gegenwart hinein: In der Lehre des Buddhismus will jedes Begehren, jede Lust immer mehr und ist deshalb die Hauptursache von Leid. Lust erzeugt also trotz einer kurzzeitigen Befriedigung langfristig eher Leid. Auch die so genannte „platonische Liebe“, das heißt die Liebe ohne Sex im Sinne einer Sokrates-Alkibiades-Beziehung, lässt sich in diesem Kontext verstehen. Nach Platon lernen es vor allem die Philosophen, auf das sinnlich-materielle Begehren zu verzichten. Nicht im Sinne der Buddhisten, weil es zu Sucht und Leid führen kann, sondern weil es zu überzeitlichen Wahrheiten führt, die zu wissen Weisheit zur Folge hat, auch Abgeklärtheit, Ruhe und Muße. Man ist nicht auf der dauernden Suche nach Befriedigung, sondern lebt im freiwilligen Verzicht, im Nichts (Nirwana), in der christlichen Kontemplation oder bei den platonischen Ideen als ein Wissender und Weiser.
Immer wieder habe ich meine anamnetischen Untersuchungen mit der Frage verbunden, ob sich etwas aus der Vergangenheit, insbesondere aus der antiken Vergangenheit, wiederholt. Gewiss habe ich geantwortet und es zu zeigen versucht. Im Bereich der männlichen sexuellen Lust gibt es wieder Tendenzen, die Lust frei flottieren zu lassen, sie gerade nicht mehr an Verantwortlichkeiten wie Familie oder Treue zu binden. Nicht zuletzt fördern und unterstützen bereits die elektronischen Hilfsmittel und Cybersex-Roboter der Zukunft diese Entwicklung.
Dass auch in dem Maße, in welchem die Frauen ihre Gleichberechtigung durchsetzen, nicht zuletzt auch mit einem eigenen und anderen Sexualverhalten, sich die Männer abwenden werden von den Frauen und wieder mehr invertiert sich verhalten müssen. Und nicht zuletzt sind die Frauen den Männern in vieler Hinsicht überlegen – warum also nicht einen neuen Amazonen-Staat gründen und eine neue Semiramis, eine neue Penthesilea ausrufen? – Ich denke, dass es bereits jetzt schon Gesellschaften gibt, in denen sich die Frauen immer mehr durchsetzen und die naturgegebene Differenz der Geschlechter immer stärker noch betonen werden. Es wird zukünftig also einerseits mit Hilfe der Maschinen, Automaten und Roboter die Angleichung der Geschlechter bis zur Ununterscheidbarkeit geben. Andererseits aber auch die Differenz bis hin zum absoluten Dissens des Nicht-Verstehen-Könnens und -Wollens.
Ich habe dabei immer wieder die Antike, besonders das kaiserliche Rom, genannt, wo insbesondere innerhalb einer militarisierten Sklavenhalter-Gesellschaft mit ihrer nur auf Gefühle wie Kraft, Stärke, Aggression bauenden Männerwelt und Männerkultur die frei flottierende Sexualität unterschwellig dominiert hat. Sie war gar nicht mehr bereit zu Fortpflanzung und Heterosexualität, ganz zu schweigen zu einer Familienbildung. Und dies trotz aller Gegenbewegung des Staates, der nicht zuletzt ein starkes Interesse an Soldaten und “männlichen Männern” haben musste. Aber selbst Kaiser Augustus konnte nur mittels Adoption seine Genealogie sichern.
Ich habe auch immer wieder die sich heftig entwickelnde Antithese dazu besprochen: die Liebe, die ich nun in einem geistigen Sinne des Christentums verstanden habe, als Hilfe, als das Zusammensein, das Du, als die Nächstenliebe im Sinne einer Agape. Ich wiederhole mich.
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Womit wir jetzt beim letzten und mir am wichtigsten Punkt angekommen wären: der Zukunft. Wie wird es werden mit Liebe und Lust in einer technisierten Welt der Automation, Roboter, Züchtung und Klonung? Eine Welt des Individualismus und Solipsismus, die sogar gelegentlich jetzt schon bis zur Ekstase der Obszönität geht, um Baudrillard wieder einmal zu zitieren? Wenn der natürliche Unterschied zwischen Frau und Mann vollständig eliminiert sein wird auch mit Hilfe technischer Mittel?
Doch auch jetzt hat sich wieder eine Isosthenie gebildet: Selbst wenn das Korperlich-Emotionale existenznotwendig scheint – nur das Geistige überlebt, lebt dauerhaft und wirkt überzeitlich. Nur das Geistige führt uns Menschen aus dem sozial-darwinistischen und eigensüchtigen Verhalten heraus, hält uns zusammen, überzeugt uns durch Denken und Argumentation und nicht durch die Gewalt der Apparate oder Gewehre. Führt uns zur Tatsache zurück, dass wir hinfällig, alternd, zum Sterben verurteilt sind. Und dass wir auf diesem Wege zum Ende hin immer besser zusammen oder in der Gruppe bleiben sollten als alleine. Gewiss, das Sterben müssen wir schon selbst bewältigen, alleine schaffen. Aber auf diesem hinfälligen und wackligen Weg in die Unterwelt jemand dabei und an seiner Seite zu haben, das mag doch schon besser sein. Vor allem wenn es ein Gott ist.
Letztlich denke ich auch immer wieder bei meiner Entscheidung für Sokrates oder Alkibiades – und ich schließe mich damit wieder den Existenzialisten an – , dass die lebenslange Beschäftigung mit und in einer Familie welcher Art auch immer, mit Fortpflanzung, Kindern, Alten, Jungen, Kranken, Gesunden und so fort eine sehr sinnvolle Tätigkeit sein kann, um die Sinnlosigkeit des Daseins, wie manche Existenzialisten behaupten, zu vergessen. Ja doch: auch zu verdrängen. Besser immerhin, als sich ablenken zu müssen von dieser Problematik mit Sex und TV, täglicher Arbeitsmonotonie und Einkaufen-Gehen in den wenigen Stunden von Freizeit und Wohlleben. Und Lust (1).
Muße ist dabei ein Zauberwort. Muße als das Zurückfinden unserer gesamten Existenz, geistig wie körperlich-emotional, zu sich selbst. Wie die alten Griechen und Römer, etwa Epikur oder besonders Seneca, plädiere ich also in diesem Zwiespalt, in dieser Isosthenie für die Muße als ein „Gespräch der Seele mit sich selbst“(Seneca). Seele als die Ganzheit (im Sinne der Metaphysik, also über das physische Denken hinausgehend) von Körper und Geist, Spontaneität und Nachdenklichkeit, von Emotion und Rationalität. Für das Nicht-entfremdet-Sein in der Arbeit und im täglichen Leben, im Ausdruck der Gefühle, im Verstehen des Gegenüber und seiner Zeichen und Botschaften. Im Sprechen, Denken, Fühlen und Tun.
Doch, das gibt es und es geht tatsächlich.
1 Die Familie der Zukunft wird auch räumlich eine Großfamilie sein, ich habe es immer wieder betont: Alt und Jung, Groß und Klein, Hetero und Homo, international, monokulturell (man einigt sich auf eine Lebensform im alt-römischen Sinne), also bunt gewürfelt und durcheinander. Mit eigenbrötlerischen Einzelgängern und altruistischen Gruppenmenschen; mit unterschiedlichsten Fähigkeiten und Interessen und vor allem auch mit einer gänzlich neuen Lebenswelt. Nicht mehr eingesperrt in die Kerker von Arbeitsplatz und ZweiZimmerWohnung, die einem jede Freude und Leidenschaft für Familie und spielende Kinder verleiden. Mit Arbeitsverhältnissen, die denen einem m.E. in vieler Hinsicht vorbildlichen Wohlleben der antiken Oberschicht gleichen. Das heißt weniger arbeiten und weniger fremd bestimmt sein. Mit ausreichenden Zeiten zu Entspannung und Gemeinschaft und in einem Wohnumfeld, das die Städteplaner und Architekten unserer Gegenwart erst wieder entdecken müssen.
Auch wenn es Modelle diesbezüglicher Art bereits hier und da zu bestaunen gibt. Trotz aller Anfeindungen und eschatologischen Schwarzmalerei. Ich nenne diese neuen Versuche A-Inseln, Alternativ-Inseln auch im Sinne einer autarken Autonomie, und ich habe oft genug schon eine staatliche Förderung dieser neuen Lebensformen mit Steuergeldern gefordert. Solche Inseln inmitten unserer Gegenwart und in unserem täglichen Leben sind Experimente, Experimente, die nützlich, die schädlich sein können. Manche machen uns Angst, ja können sogar sehr befremdlich sein. Auch für mich. Aber wir sollten sie dennoch unterstützen und wohlwollend-kritisch begleiten. Um sie schließlich dann als gut zu akzeptieren oder als schlecht zu verwerfen. Vielleicht ist nur so der technokratische “Stahl-Staat”, der auch eine schleichende und still versteckte Tyrannei der Apparate und Roboter sein wird, zu verhindern.
Vgl. auch im Blog die Nr.28 (“Über Resignation“) und die Nr. 36(“Die Stahlstadt“). Ebenso die Aufsätze über Befreiung: Nr. 98 (Sexualität) und Nr. 88 (Studentenbewegung)
Alle Bücher von Reinhold Urmetzer in Nr.282