274 Popmusik (15)
Zeitbombe
(Clocks)
Lichter gehen aus und
ich kann nicht …/
… gegen die
Wellen vergeblich auf meinen
Knien
flehen
bitten
betteln
Heraus aus den ungesagten
Wahrheiten, schieß’ den Apfel von meinem
Kopf, jetzt, ein
Problem das nicht genannt werden
kann, darauf warten gezähmt zu
werden wie ein wildes
…
Du bist
Du lebst
Du bist
Die Verwirrung hört niemals
auf, einschließende Mauern,
tickende Zeitbomben nach
Hause wollen mit
Dir, vergeblich das weißt Du
jetzt
Komm mit aufs Meer auf mein
Schiff, die verfluchte Gelegenheit
verpassen ein Teil der
Hilfe oder der
Krankheit?
Du bist
Du lebst
Du bist
Nichts ist damit
vergleichbar nach Hause
wollen
*
Dass die Stimmung in GroßBritannien nicht die beste ist, habe ich schon öfter beschrieben. Dass daraus nun ein hektischer Brexit-Aktionismus geworden ist, der die Sache verbessern und ändern soll, indem neue alte Feindbilder aufgebaut und Illusionen geweckt werden, macht dies alles nur noch schlimmer.
Mein Eindruck nach der diesjährigen Schottland-Reise (wobei Schottland gegenwärtig fast genau das Gegenteil zu England ist, also Welt offen, freundlich, angenehm): Die koloniale Arroganz und Selbstüberschätzung lastet weiterhin auf dem Gemüt und in der Seele der Engländer wie weiland bei uns die Nazi-Vergangenheit. Verschlimmert wird das Ganze durch einen immer noch starken Schichten-Gegensatz von Oben und Unten, ein altertümlicher Traditionalismus der Theater-Aristokratie und die besonders perfide und bewusst machtpolitisch steuernde, selbst überhebliche Boulevard-Presse. Die unglaublich klugen, gebildeten und weitsichtigen Intellektuellen, die es gleichermaßen gibt, betrachten wie in den USA eher fassungslos und resigniert dias ganze Geschehen.
Das schließt sogar einen Teil der Pop-Künstler und Pop-Kultur mit ein. Man weiß sehr wohl, dass der politische Schwenk, das Abdriften in die falsche Richtung von Isolation, Selbstherrlichkeit und Egoismus in jeder Hinsicht schädlich sein wird. Auch wenn die Musik allgemein mehr im individuellen und privaten Bereich angesiedelt bleibt, lässt sich die angesprochene Problematik der Angst und auch das Krisenbewusstsein leicht in den allgemeinen gesellschaftlichen Diskurs übertragen und umgekehrt.
Hier als Beispiel ein Lied der Gruppe Coldplay (“Clocks”) schon aus dem Jahre 2003, das ich in einer eher freien und meinem Stil angepassten Übersetzung vorstelle. Erstaunlich wieder der Gegensatz von einer rhythmisch schwungvollen, tanzbaren Musik und depressiver Verstimmung. – Tanz den Untergang! Wenn das kein Widerspruch ist…