101 Carol Morgan (Antwort)
Die englische Pianistin Carol Morgan ist zusammen vielleicht mit den Kontarsky-Brüdern aus Köln eine der führenden Interpreten Neuer Musik der Gegenwart. Es gibt wohl keine Stilrichtung der Avantgarde-Musik, die sie nicht hat einspielen und vorführen können, müssen, dürfen. Angefangen von den seriellen Konstruktionen der Musikmathematiker über die musikgrafischen Improvisationen oder Klangfarbenexperimente der Postseriellen bis hin zu Cage-Experimenten oder dem absurden Musiktheater Kagels, das die unglaublichsten Verrenkungen und Eskapaden von den Interpreten verlangte. Wenn auch sehr zur Freude des Publikums, das sich ob solcher musikalischer Harlekinaden sehr amüsiert gezeigt hat und dergestalt einen kurzweiligen Abend verbringen konnte.
Carol Morgan war lange Jahre in Erhard Karkoschkas Stuttgarter Ensemble für Neue Musik tätig. Dieses war eine richtige Kaderschmiede Neuer Musik mit Interpreten wie Dietburg Spohr, Peter Wallinger, Bernd Konrad (um nur einige zu nennen), die alle ihren erfolgreichen Weg dann mehr oder weniger selbständig weiter gegangen sind.
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Zu meinem letzten Blog-Eintrag über Karlheinz Stockhausen schreibt die Künstlerin:
„Vor einiger Zeit gab es hier in Wien ein sehr schönes Konzert.
Gespielt wurden zwei frühe elektronische Stücke von Stockhausen, die
„Etuden“, die im Kölner Elektronik-Studio des WDR realisiert worden sind, und dann die „Kontakte“ für Klavier und Schlagzeug + Tonband. Ganz ausgezeichnet gespielt.
Ich war selbst überrascht, wie gern ich die elektronischen Tonband-Stücke
gehört habe. Noch mehr die „Kontakte“ – sie waren wirklich hervorragend gut gespielt, und ich habe zum ersten Mal wirklich im Konzert hören und genießen können, wie das Stück komponiert ist. Nicht ob es seriell oder wie auch immer komponiert ist, sondern die musikalische Korrespondenz zwischen Klavier, Schlagzeug und Tonband wurde real.
Nur leider hört man diese Stücke so gut wie nie. Man hört zwar überall viel
Computer-Musik. Diese frühen Stücke, die im WDR- Studio zusammen mit Karel Goeyvaerts gemacht worden sind, klingen total anders. Doch zumindest im Konzertbetrieb sind sie nicht mehr existent, was schade ist.
Die späten Werke von Stockhausen, die mit einem esoterischen Gehabe befrachtet sind, mag ich überhaupt nicht. Ich bin eine alte Europäerin und schätzte es sehr, wenn ich eine solche Musik höre, bei der ich einen gestalterischen und formbildenden Willen spüren kann. Das ist zwar auch eine abstrakte Intelligenz, aber sie macht dennoch die Musik lebendig und interessant.
Deshalb möchte ich den letzten Absatz im Blog-Aufsatz über Karlheinz Stockhausen doch sehr in Frage stellen.
Es grüßt ganz herzlich aus Wien
Carol Morgan“
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