23 Phaidros (griechische Lektüre I)
Phaidros
Phaidros war ein Zeitgenosse und – ebenso wie Platon – Schüler von Sokrates. Er war aber auch ein junger Mann, den Platon geliebt hat. Ihn – und nicht den gleichnamigen Kommilitonen in der Schülerschar von Sokrates – hat er in seinem Dialog mit gleichem Namen verewigt. Um was es dort geht und ob die Liebe die Lust oder die Lust die Liebe im Griff hat, habe ich bereits im Blog „Über Liebe und Lust“ geschrieben.
An dieser Stelle drucke ich einige Liebes-Epigramme von Platon in der Übersetzung von Otto Apelt ab. Sie gefallen mir deshalb so gut, weil sie sich sowohl an Männer wie an Frauen richten und vollkommen gleichgültig gegenüber den heutzutage modischen Fragen und dogmatischen Festlegungen nach der sexuellen Orientierung hin bleiben.
Alle diese Gedichte stammen aus der Sammlung von Diogenes Laertius, also aus dem 3.Jahrhundert nach Christus. Das heißt sie waren damals schon mehr als 500 Jahre alt. Sie können allesamt falsch sein, ein Fake. Dennoch gehören sie zum Corpus Platonicum und sie haben wesentlich Philosophie und Weltliteratur allgemein beeinflusst.
Platon war ein Künstler. In seiner Jugend hat er sogar Lieder und Tragödien geschrieben, die er auf Veranlassung von Sokrates schließlich vernichtet hat. Er stammt aus dem Hochadel Athens, war ein guter Sportler (Ringer) und hat sich sogar an den isthmischen Wettkämpfen beteiligt. In seiner Vaterstadt versammelte er viele Freunde wie Feinde seiner Lehre um sich, die mit ihrer Philosophie wichtige Spuren in unserem Denken und in unserer Begrifflichkeit hinterlassen haben bis auf den heutigen Tag. Der englische Philosoph Whitehead aus der Schule des logischen Empirismus behauptet, die ganze Philosophiegeschichte des Abendlandes seien nur Fußnoten zur Philosophie Platons.
Auf Phaidros
Als du noch lebtest, leuchtetest du als Morgengestirn mir, Nun als Abendgestirn spendest den Toten du Licht.
Auf zu den Sternen blickst du, mein Stern. Ach wär‘ ich der Himmel, Tausendäugig alsdann würde ich blicken nach dir.Auf Alexis
Jetzt gilt nichts, mein Herz, doch sage das einzige Wort nur, Dass eine Schönheit, Alexis, er sei: jedermann schaut dann nach ihm. Warum zeigest du, Herz, den Hunden den Knochen? Du wirst es später bereuen, Ward nicht so uns auch Phaidros geraubt? Auf Archaianassa Archaianassa lieb‘ ich, die Kolophonische Schönheit, Die, wenngleich schon verblüht, reizvoll und lieblich noch ist. Als sie noch strahlte im Reize der Jugend, wie habt ihr Unsel’gen Aus der verzehrenden Glut euch zu erretten vermocht? Auf Agathon Als ich den Agathon küsste, da fühlten die Lippen die Seele, War sie doch schon auf dem Weg, sehnend hinüber zu gehen. Auf Xanthippe Mit dem Apfel werf‘ ich nach dir, und schenkst du mir, Beste, Willig und freudig dein Herz, nimm ihn und gib dich mir hin. Aber – wehe mir! – denkst du auch anders, so nimm doch den Apfel, Dass er dir zeige, wie bald Jugend und Anmut verblühn. Auf Xanthippe Ich bin der Apfel; es wirft mich ein Liebender, beste Xanthippe, Sei mir geneigt, denn bald werden wir beide verblüh’n. Auf Dion Tränen waren der Hekuba Los und der trojanischen Weiber; Gleich bei ihrer Geburt war dies der Moiren Beschluss. Und dir, Dion, dem Helden, dem Tatenreichen, dem Sieger, Schnitten die Himmlischen ach! weitere Hoffnung ab. In deiner Heimat geräumiger Flur, geehrt von den Bürgern, Ruhest mein Herzblut du, Dion, so rasend geliebt.